Ein bewegtes und bewegendes Jahr

Editorial

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,

Ein bewegtes Jahr 2021 liegt einige Monate zurück und ein bewegendes neues Jahr ist bereits wieder weit fortgeschritten. Die Bewältigung der Covid-19-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die öffentliche Diskussion geprägt. Die Ereignisse waren gleichermassen für den Zivildienst wie für den Auftrag des Bundesamts für Zivildienst von Bedeutung.

Bei allen Unterschieden sind ihnen doch zwei Dinge gemeinsam: Sie waren erstens nur bedingt vorhersehbar, geschweige denn konkret vorstellbar. Und sie erforderten zweitens rasches und überlegtes Handeln von der Gesellschaft und insbesondere von den Behörden, die für die sicherheitspolitischen Instrumente zuständigen sind. Die Ereignisse akzentuierten und konkretisierten Fragen, welche Leistungen der Dienstpflichtorganisationen Armee, Zivilschutz und Zivildienst bei aussergewöhnlichem Ressourcenbedarf erbracht werden sollen und erbracht werden können. Sie unterstrichen die bereits in verschiedenen Krisenübungen erkannte Notwendigkeit, diese Leistungen strategisch und operativ zu koordinieren. Ich denke dabei nicht nur an die Koordination der Einsätze von Armeeangehörigen, Zivilschützer/innen und Zivis, sondern auch an die Abstimmung zu den Leistungen, die etwa von Freiwilligen, von der Privatwirtschaft und dem gesamten Arbeitsmarkt erbracht werden.

«Integrales Denken und Handeln ist für die Optimierung und Weiterentwicklung des ganzen Dienstpflichtsystems unabdingbar.»

Der Zivildienst ist ein Akteur in diesem Gefüge. Was bei der Bewältigung einer Krise und bei der anschliessenden Regeneration zählt, ist die Gesamtleistung. Sie muss zweckmässig, komplementär und effizient sein. Damit den Dienstpflichtorganisationen eine überzeugende Leistung gelingt, ist nicht nur koordiniertes Planen und Steuern innerhalb des Systems im Ereignisfall wichtig, sondern auch gegenseitiges Kennen und Verstehen. Kurz: Integrales Denken und Handeln ist für die Optimierung und Weiterentwicklung des ganzen Dienstpflichtsystems unabdingbar. Das Denken in den Kategorien seiner einzelnen Organisationen wird Anforderungen an das System, die aus komplexen Situationen erwachsen, immer weniger gerecht. Das haben diese Ereignisse noch verstärkt vor Augen geführt.

Christoph Hartmann, Direktor (© Markus A. Jegerlehner)

Jede Krise fordert eine Gesellschaft, jeder Krieg bringt Schicksal und Leid. Auf einer ganz anderen Ebene aber zwingen aussergewöhnliche Ereignisse auch zum Nachdenken und kurbeln den Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess an. Welche Aufgaben sollen Dienstpflichtige in normalen, besonderen und ausserordentlichen Lagen künftig wahrnehmen? Wie muss die Dienstpflicht zur Sicherung der nachhaltigen Aufgabenerfüllung ausgestaltet sein? Wer leistet in der Gesellschaft wo am wirksamsten und effizientesten einen Beitrag? Solche Fragen sind nun stärker ins Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit gerückt. Ich bin überzeugt davon, dass die gemachten Erfahrungen und gezogenen Lehren eine breite sachliche Diskussion und informierte Politikentscheide für tragfähige Lösungen fördern. Das Bundesamt für Zivildienst bringt dazu seine Kompetenz und Erfahrung ein. Es engagiert sich konstruktiv, ergebnisoffen und resultatorientiert in Diskussionen zu solchen Fragen.

Im vergangenen Jahr konnten unsere Mitarbeitenden und ich immer wieder feststellen, wie engagiert und gewissenhaft Zivis ihre Dienstpflicht wahrnehmen. Ebenso leisteten die Einsatzbetriebe einen grossen Beitrag dazu, dass Zivis ihren Dienst wirksam und konsequent erfüllen. Als Amtsdirektor und als Staatsbürger war ich erfreut, wie Zivis und Einsatzbetriebe gemeinsam mit anderen Dienstpflichtigen und mit privaten Akteur/innen auf neue Anforderungen reagierten und wertvolle Einsätze dort leisteten, wo der gesellschaftliche Bedarf sehr akut ist. Im Namen des Bundesamtes danke ich ihnen dafür.

Vor Ihnen liegt ein Jahresbericht, dessen thematischer Schwerpunkt solches Engagement in einem alltäglichen Bereich mit besonderem Unterstützungsbedarf näher beleuchtet. Wir berichten über erste Erfahrungen aus dem laufenden Pilotprojekt «Ambulante Betreuung».

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

Christoph Hartmann
Direktor

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